EU-Politik und das griechische Dilemma – von Flüchtlingselend bis Privatisierungszwang

Vortrag und Diskussion mit Claus Kittsteiner

Mittwoch, 22. Februar 2017 um 19:00 Uhr
Haus der Jugend – Kleiner Saal
Osnabrück, Große Gildewart 6-9
Bildkomposition-Wasserwerk-Thessaloniki-Flüchtlinge
Griechenland ist durch die Krise in ein Abhängigkeitsverhältnis zur EU-Kommission und zu anderen Institutionen geraten, welches das Land in eine schizophrene, Zwangslage versetzt. Den GriechInnen bleibt oft nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Entweder erfüllen sie die Forderungen der Gläubiger, um notwendige Kredite zu erhalten oder sie streben eine humane, soziale und volkswirtschaftlich sinnvolle Politik an, aber verzichten auf finanzielle Unterstützung. Zwei Gegebenheiten kennzeichnen diese Situation besonders, die strengen Sparauflagen und der EU-Türkei-Deal.

Durch die Sparauflagen wird das Land zu einer Reihe von Privatisierungen von derzeit staatlichen Betrieben gezwungen. Dies führt etwa dazu, dass in Thessaloniki und Athen zwei große Wasserwerke an multinationale Konzerne der Wasserwirtschaft verkauft werden sollen, was – wie anderswo auch – die Erhöhung der Wasserpreise zur Folge hätte. Dagegen beispielsweise wehren sich die BürgerInnen Thessalonikis. Die Vorgaben, die Griechenland im Rahmen des EU-Türkei-Deals gemacht wurden, spiegeln sich in der Lage der Menschen wieder, die auf die griechischen Inseln geflüchtet sind. Tausende Schutzsuchende leben dort im Gegensatz zum Festland in überfüllten Lagern, teilweise in unbeheizten und durchnässten Zelten, trotz aller Zusagen der EU-Länder, im Rahmen von Relocation 160.000 Geflüchtete aus Griechenland und Italien in den anderen Staaten aufzunehmen, allein 27.000 davon in der BRD.

Da wir der Ansicht sind, dass Wasser keine Handelsware sein darf, sondern der Zugang zu Wasser ebenso wie ein menschenwürdiges Leben ohne Krieg, Verfolgung und Armut ein Menschenrecht ist, möchten wir in einer öffentlichen Veranstaltung über diese Hintergründe informieren und diskutieren.

Hierzu haben wir Claus Kittsteiner eingeladen, der sich den größten Teil des Jahres in Griechenland aufhält und dort sowohl in der Flüchtlingshilfe auf Lesbos als auch als Unterstützer der Initiative gegen die Wasserprivatisierung in Thessaloniki aktiv ist. Er möchte mit seinem Reisebericht einen konkreten Eindruck vermitteln, wie die politischen Rahmenbedingungen vor Ort das Leben bzw. Handeln der GriechInnen ebenso wie das der Flüchtlinge beeinflussen und beeinträchtigen. Hierbei kann der Attac-Aktivist auch an seine Erfahrungen als Mitinitiator des „Berliner Wassertisch“ anknüpfen, der erfolgreichen Bürgerinitiative zur Rekommunalisierung der Wasserversorgung in Berlin.